Diakonin Ruth Litzen – Kirche im Südsee-Camp Wietzendorf

04. Juni 2019

Mitten im Südsee-Camp Wietzendorf ist Diakonin Ruth Litzen im Kirchenzelt des Ev.-luth. Kirchenkreises Soltau mit vielfältigen Angeboten für die ganze Familie zu finden. (Stichworte: Tourismus, Familie)

Dede: Sie haben als Diakonin schon in mehreren sehr unterschiedlichen Berufsfeldern Erfahrungen sammeln können. Seit Juli 2018 sind Sie im Südsee-Camp tätig. Was hat Sie bewogen dort zu arbeiten, also an einem Ort, wo andere Urlaub machen?

Litzen: Die Antwort darauf ist gar nicht so einfach. In meinen vergangenen fünf Dienstjahren habe ich für einen privaten Schulträger gearbeitet und dort den Religionsunterricht und die Schulseelsorge verantwortet, war also nicht bei der Kirche angestellt. Die Arbeit mit den Schüler*innen und Kolleg*innen dort hat mir viel Freude bereitet, mir aber auch neu bewusst gemacht, wo mein eigentliches berufliches Zuhause ist, nämlich bei „Kirchens“. So wuchs der Wunsch, dorthin zurückzukehren und der Kirche meine in unterschiedlichen Arbeitsfeldern gesammelte Berufskompetenz als Ganzes zur Verfügung zu stellen. Da war es eine, ich nenne es jetzt mal „ glückliche Fügung“, dass die Diakon*innenstelle des Kirchenkreises Soltau im Südsee-Camp zur Neubesetzung ausgeschrieben war. Wer mich kennt, weiß, ich liebe Herausforderungen, trete ungern auf der Stelle, bringe gerne Gott und die Vielfalt unserer Welt miteinander ins Gespräch und suche im Blick darauf immer wieder nach möglichen neuen Wegen. Kirche am Urlaubsort ist insofern für mich Herausforderung und Chance gleichzeitig. „Da sein wo die Menschen sind“, ist das zusammengefasste Motto des Kirchenkreises Soltau im Blick auf sein Engagement u.a. im Südsee-Camp. Als Urlaubsregion hat Kirche hier die Chance, besonders in den Ferienzeiten, unzähligen Menschen zu begegnen und sich auf ihnen angemessene Weise ins Gespräch zu bringen. Das ist ohne Zweifel eine Herausforderung, allerdings auch unverzichtbar für den Erhalt unserer Kirche und der Botschaft, die sie vertritt. Kirche hat den Menschen Gutes weiterzusagen, in ihrem Wort, in der Vielfalt ihres praktischen Handelns und an den unterschiedlichen Lebensorten der Menschen. So auch im Südsee-Camp.

Dede: Was genau ist Ihre Rolle als Diakonin hier im Camp? Ist Kirche hier überhaupt erwünscht?

Litzen: Kirche im Südsee-Camp hat eine über mehr als 25 Jahre hinweg langsam gewachsene Tradition. Sie ist eine bei den Platzbetreibern und im Kirchenkreis anerkannte und gewünschte Institution. Sie gehört inzwischen einfach zum Südsee-Camp dazu, genauso wie eine Kirchengemeinde zu einer Stadt oder einem Dorf. Nur, dass ihre Mitgliederzahl abhängig ist von Haupt- und Nebensaison. Als Diakonin vertrete ich im Südsee-Camp Kirche allgemein und speziell im Kirchenkreis Soltau. Viele sehen mich als Pastorin und stellen mich auch so vor. Dieser Titel scheint ihnen bekannter als die Diakonin. Ich verantworte dort das gesamte Spektrum kirchlicher Arbeit. Neben der verwaltenden Tätigkeit gehören dazu alle (pädagogischen) Gruppenangebote, genauso wie der regelmäßige Predigtdienst und nach genehmigender Rücksprache mit dem zuständigen Landessuperintendenten auch Kasualhandlungen. Ich bereite die kirchlichen Angebote der Saison vor und führe sie gemeinsam mit ehrenamtlichen Teamer*innen durch. Parallel verantworte ich die Öffentlichkeitsarbeit von Kirche im Südsee-Camp und vertrete dieses Arbeitsfeld nach außen.

Dede: Die Menschen kommen ins Südseecamp, um Urlaub zu machen. Erwarten sie dort Kirche und was wollen sie von Kirche?

Litzen: Viele Menschen verbringen seit Jahren regelmäßig als Familie ihren Haupturlaub im Südsee-Camp. Manche von ihnen kennen diesen Urlaubsort aus der eigenen Kindheit und kommen inzwischen mit eigenen Kindern oder als Großeltern mit den Enkelkindern wieder. Sie genießen besonders das vielfältige Angebot für Familien mit Kindern und fühlen sich im Südsee-Camp zuhause. Sie kennen sich und Freundschaften sind untereinander gewachsen. Für sie ist auch Kirche im Südsee-Camp eine erwartete feste und mit Personen verbundene Größe. Ähnlich wie in einer Kirchengemeinde erwarten sie zunächst Gewohntes und sind Veränderungen gegenüber unterschiedlich aufgeschlossen. Ebenso viele Menschen entdecken für sich das Südsee-Camp als Urlaubsort neu und sind zum ersten Mal da. Viele von ihnen haben vom kirchlichen Angebot im Südsee-Camp gelesen, kennen ähnliches von anderen Campingplätzen, sind neugierig und angenehm überrascht, und nehmen die Angebote gerne an. Andere sind erstaunt darüber, dass es Kirche hier auch gibt. Gerade die Angebote für Kinder und für die ganze Familie (Treff für Kids, Gute-Nacht-Geschichte, Lagerfeuerabend) helfen ihnen die Hemmschwelle zu überwinden und ermöglichen wunderbare und bleibende Begegnungen. Natürlich gibt es, wie überall, auch Menschen die unser Angebot bewusst nicht nutzen wollen. Die Angebotsvielfalt im Südsee-Camp ist so groß, da ist für alle etwas dabei. Im Blick darauf ist Kirche im Südsee-Camp mit ihren Angeboten nicht anders dran als jede Kirchengemeinde. Jeder hat die Freiheit einer unkommentierten eigenen Wahl.

Dede: Wie greifen Sie die Anliegen der Menschen auf und wie können Sie es mit Anliegen von Kirche verbinden?

Litzen: Zuallererst kommen die Familien ins Südsee-Camp um dort Urlaub zu machen. Dazu erwarten sie ein ihnen angemessenes und vielfältiges Animationsprogramm aus dem sie auswählen können. Die Animateure des Südsee-Camps und „Kirche unterwegs“ kommen diesem Wunsch nach. So haben auch unsere Angebote für Kinder immer einen Animations- und Kreativteil, verzichten aber nicht auf den, wie ich es immer nenne, „christlichen Input“, der ganz unterschiedlich sein kann. Außerdem kennzeichnen wir durch Fahne, Beach-Flag und Teamer-Shirts mit Logo unseren Veranstaltungsort und die Mitarbeitenden deutlich als kirchlich. Auch der wöchentliche Familiengottesdienst und Reisesegen verbindet Kirche und Urlauber*innen, sowie die Möglichkeit zur Taufe und Trauung am Urlaubsort. Dort wo Beziehungen inzwischen gewachsen sind, wird auch das Angebot der Seelsorge genutzt. Und manch einer schüttet sich das Herz bei mir aus, weil „Kirche am Urlaubsort“ Durchgangscharakter hat und man oder frau unbekannt etwas loswerden kann.

Dede: Kommen zu Ihnen nur Urlauber*innen oder sind Sie als Diakonin auch für Mitarbeitende auf dem Gelände zuständig?

Litzen: Ich bin erst seit dem 01.07.2018 Diakonin im Südsee-Camp. Daher sind mir bisher hauptsächlich UrlauberInnen begegnet. Inzwischen ist aber die Beziehung zur direkten Nachbarschaft am Kirchenzelt mit regelmäßigen Gesprächen und Gottesdienstbesuch gewachsen. Zum Animationsteam und einzelnen weiteren Mitarbeitenden ist inzwischen ein guter Kontakt hergestellt und Beziehung wächst. Demnächst steht ein Frühstück mit den technisch Mitarbeitenden des Südsee-Camps im Kirchenzelt an und zum Saison-Ende in diesem Jahr ein gemeinsames Treffen mit dem Animationsteam. Es ist mein Wunsch als Diakonin, auch für die Mitarbeitenden auf dem Gelände zuständig zu sein. Damit das möglich ist, muss Beziehung aufgebaut werden und wachsen. Ich habe den Eindruck, „Kirche unterwegs“ ist da auf einem guten Weg.

Dede: Gibt es auf dem Gelände eine Kirche? Kirche ist für alle Menschen offen. Wenn man zu Ihnen will, muss man dann erst Eintritt zahlen?

Litzen: Eine direkte Kirche mit Kirchturm und Co. gibt es im Südsee-Camp nicht. Trotzdem hat Kirche dort einen festen Ort und Gebäude. Es gibt ein großes, feststehendes Kirchenzelt. Eingeteilt in einen Kirchen-/Veranstaltungsbereich mit Altar und (Puppen)Bühne, einen Kleinkinder- und Teamer*innenbereich und einen Kreativbereich. - in der kalten Jahreszeit beheizbar durch Gas-Heizpilze. Den Kirchturm ersetzt die Fahne von „Kirche unterwegs“ und die Glocken werden jeweils 15 Minuten vor Veranstaltungsbeginn durch Musik ersetzt. Dazu gehören zwei Chalets als Zuhause für wechselnde Teamerfamilien, ein Blockhaus als Küchenbereich und ein großer Materialcontainer. Bei „Kirche unterwegs“ im Südsee-Camp ist jeder willkommen: Urlauber*innen und Dauercamper*innen jeden Alters und jeglicher Konfession, Kirchennahe und Kirchenferne, Mitarbeitende des Südsee-Camps und Gemeindeglieder aus den umliegenden Ortsgemeinden des Kirchenkreises … Wir fragen nicht nach dem woher, oder was denkst du? Wir sagen: Herzlich willkommen! Schön, dass du da bist! Wer zur Kirche im Südsee-Camp will, zahlt keinen Eintritt!

Dede: Gibt es einen Unterschied zu kirchlicher Arbeit in Kirchengemeinden, und wenn ja, worin besteht der?

Litzen: Der Hauptunterschied besteht in der ständig wechselnden Urlauberschar. Nur wenige bleiben länger als 14 Tage. Manche sieht man mehrmals im Jahr, andere einmalig. Daher ist es notwendig, sich regelmäßig auf ein wechselndes Publikum einzustellen. Ähnliches gilt für die Teams ehrenamtlicher Mitarbeitenden, die regelmäßig wechseln und unterschiedlich einsetzbar sind. In der Hauptsaison ist das Kirchenzelt in der Regel voll und erfordert eine Menge an Ruhe und Gelassenheit und guter Organisation. In der Nebensaison ist es eher ruhig und nur wenige Menschen nutzen unser Angebot. Alle Gottesdienste sind Familien-Gottesdienste und müssen kleine und große Gottesdienstbesucher*innen im Blick haben. Die regelmäßigen Lagerfeuerabende in der Hauptsaison sind ein sich wöchentlich wiederholendes kleines „Gemeindefest“. Das erfordert Organisationstalent und Durchhaltevermögen.

Dede: Welche Kompetenzen braucht man, um diese Arbeit machen zu können?

Litzen: Ich denke, die Grundvoraussetzung ist eine solide religionspädagogische und theologische Ausbildung und ein gewisses Maß an Berufserfahrung, das die Möglichkeit zur Fortbildung nicht ausblendet. Man sollte als Diakon*in Prädikant*in sein. Weitere notwendige Kompetenzen sind: eigene Kreativität und Musikalität, Teamfähigkeit und Leitungskompetenz, sowie Kontaktfreudigkeit, ein eigener theologischer Standpunkt mit Offenheit für andere Sichtweisen und die Kenntnis darüber, sowie eine dem Arbeitsfeld angemessene Sprachkompetenz und der eigene Zugang zum Campingleben. Man sollte auch eigene Arbeitszeiten und notwendige Erholungsphasen strukturieren und organisieren können.

Dede: Wie wird Ihre Arbeit unterstützt? Wie sind Sie vernetzt?

Litzen: Auf vielfältige Weise. Im Kirchenkreis Soltau bin ich berufenes Mitglied im Kirchenkreistag und vertrete dort das Arbeitsfeld „Kirche im Tourismus“. Gleichzeitig bin ich Mitglied und Vorsitzende im gleichnamigen Ausschuss des Kirchenkreistages. Zusätzlich arbeite ich mit den Diakon*innen des Kirchenkreises bei u.a. Gruppenleiterschulungen zusammen und nehme, soweit mir zeitlich möglich, an ihren Konferenzen, sowie den Kirchenkreiskonferenzen teil. Parallel dazu sind über die hauptamtliche Mitarbeiterin der katholischen Kirche im Kirchenkreis erste Kontakte dorthin geknüpft. Außerdem arbeite ich mit den Verantwortlichen für die Arbeit von „Kirche unterwegs“ im Haus kirchlicher Dienste zusammen und nehme an entsprechenden Netzwerktreffen und Fortbildungen teil. Finanziell wird meine Arbeit durch den Kirchenkreis, das Haus kirchlicher Dienste und den Förderverein „Kirche unterwegs im Südsee-Camp“ unterstützt. Dazu kommen in der rein praktischen Arbeit viele ehrenamtliche Teamer*innen und Teamerfamilien, die gegen eine kleine Aufwandsentschädigung einen Teil ihres Urlaubs mitarbeitend „Kirche unterwegs“ im Südsee-Camp zur Verfügung stellen. Ohne sie wäre die Vielfalt der kirchlichen Arbeit im Südsee-Camp undenkbar. Ebenfalls unterstützen die Arbeit vor Ort die Mitarbeitenden des Südsee-Camps und die Platzbetreiber selbst, praktisch unterstützend und finanziell.

Dede: Können Sie von besonderen Erfahrungen berichten, Highlights oder besondere Herausforderungen?

Litzen: Die Lagerfeuerabende von „Kirche unterwegs“ sind regelmäßige Highlights und immer wieder herausfordernd. Total schön und emotional war die Taufe der kleinen Tochter einer Dauercamperin und die sich anschließende Segnung der Mutter im Familiengottesdienst zum Erntedankfest im vergangenen Jahr. Mein persönliches Highlight war mein Einführungsgottesdienst im Kirchenzelt am Palmsonntag in diesem Jahr, gefolgt vom Ostergottesdienst auf der Bühne des Südsee-Camps im eigenen Hochseilgarten. Und nicht zu vergessen die erste Osterwoche, in der die Programmgestaltung in Zusammenarbeit mit dem Kirchenkreisjugendwart und Jugendlichen des Kirchenkreises Soltau stattgefunden hat. Dass dann alle Jugendlichen in meinem Einführungsgottesdienst waren, hat mich sehr berührt.

Dede: Nun die letzte Frage: Wie kann man Kontakt mit Ihnen aufnehmen?

Litzen: Ich freue mich auf Post unter meiner Mail-Adresse: Ruth.Litzen@evlka.de, die ich gerne beantworte. Wenn man mir zusätzlich eine Telefonnummer mitteilt, versuche ich auch so zeitnah wie mir möglich zurückzurufen. Ebenfalls freue ich mich immer über Besuch. Wer also einfach mal im Kirchenzelt vorbeigucken möchte, meine herzliche Einladung dazu. Man findet mich: Südsee-Camp 1 in 29649 Wietzendorf im Kirchenzelt. Aber Achtung! Post für mich kommt dort nicht an. Aktuelle Termine und Veranstaltungshinweise findet man auf unserer Website: https://kircheunterwegs-ssc.wir-e.de.

Dede: Herzlichen Dank für das Gespräch.

Ruth Litzen ist im Kirchenkreis Soltau angestellt und arbeitet dort seit dem 01.07.2018 als Diakonin im Arbeitsfeld Kirche im Tourismus/Kirche unterwegs im Südsee-Camp in Wietzendorf. Sie hat evangelische Theologie an der WWU Münster und Religionspädagogik an der evangelischen Fachhochschule Hannover studiert und dort ihren Abschluss mit Diplom im Jahr 1992 erhalten. Nach ihrem Berufspraktikum im Kirchenkreisjugenddienst des Kirchkreises Emsland-Bentheim wurde sie 1993 als Diakonin eingesegnet. Anschließend hat sie 10 Jahre als Kirchenkreisjugendwartin im damaligen Kirchenkreis Hoya gearbeit. Nach Zusammenlegung der Kirchenkreise Hoya und Syke arbeitete sie 10 Jahre leitend in einer Kirchengemeinde als Diakonin mit Sonderbeauftragung im pfarramtlichen Dienst. Ihre letzten fünf Dienstjahre unterrichtete sie als Fachlehrkraft evangelische Religion an einer Schule in privater Trägerschaft und war dort Schulseelsorgerin.