Diakonin Sonja Bachhofer – Springerin im Kirchenkreis Diepholz

Nachricht 13. August 2019

Was es bedeutet, als „Springerin“ in einem Kirchenkreis tätig zu sein, berichtet Diakonin Sonja Bachhofer. (Stichworte: Vakanzvertretungen, Konfirmandenarbeit, Gemeindearbeit, Kooperation, Koordination, Flexibilität)

Dede: Sie sind seit einigen Jahren als Diakonin in der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers tätig. In welchen Feldern haben Sie bisher gearbeitet?

Bachhofer: Nach der Elternzeit und einem langjährigen Auslandaufenthalt habe ich im KK Stade in einer Kirchengemeinde in der Kinder-, Jugend- und Konfirmandenarbeit gearbeitet.

Dede: Und jetzt sind Sie als sogenannte „Springerin“ im Kirchenkreis tätig. Das ist ja erstmal ungewöhnlich und wird nicht ganz einfach sein. Was genau sind Ihre Aufgaben in dieser Funktion?

Bachhofer: Meine Aufgabe ist in erster Linie, dort einzuspringen, wo in Kirchengemeinden durch Vakanzen - sei es durch den Weggang von Pastor*innen oder durch eine längerfristige Erkrankung - Unterstützung neben den rein pastoralen Aufgaben benötigt wird. Durch die Übernahme des Konfirmandenunterrichts werden die Vakanzvertreter*innen deutlich entlastet und die Kontinuität in der Konfirmandenarbeit kann zum Großteil gewahrt werden.

Dede: Das heißt, die Gemeinden haben bei Vakanzen eine gute Möglichkeit, dass die Arbeit durch eine hauptamtliche Mitarbeiterin fortgeführt werden kann, habe ich das richtig verstanden? Sehen Sie darüber hinaus noch weitere Chancen für die Gemeinden und Kolleg*innen?

Bachhofer: Meine Aufgabe ist es, nicht nur für kurze Zeit einzuspringen und die Lücke zu füllen, sondern auch die Übergangszeiten zu gestalten. D.h., ich begleite Konfirmandengruppen nach der Übernahme auch bis zur Konfirmation. Für den KV, die Eltern und die Konfis bietet dies Sicherheit, für erkrankte oder neue Kolleg*innen die Möglichkeit eines sanften (Wieder-)Einstiegs. Gerade zu „Stoßzeiten“ im Frühjahr, wenn Freizeiten, Vorstellungsgottesdienste und die organisatorischen Dinge rund um die Konfirmation anfallen, kann es schnell zu Überforderungen in den Gemeinden kommen. Des Weiteren bin ich in der Zeit der Vakanz auch Ansprechpartnerin für die Kinder- und Jugendarbeit vor Ort. Über die eigentliche Vakanzvertretung hinaus arbeite ich im KKJD an Projekten mit und leite den Konfirmandenunterricht an einer Schule für beeinträchtigte und behinderte Kinder.

Dede: Zerreißt das nicht, wenn man häufig die Aufgabenfelder und Einsatzorte wechseln muss? Auch Beziehungen zu den Menschen aufzubauen – das ist ja ein wichtiger Aspekt der Arbeit von Diakon*innen – ist nur begrenzt möglich. Was ist für Sie der Gewinn der Arbeit?

Bachhofer: Wenn ich an einen neuen Einsatzort komme, spüre ich das Aufatmen bei den haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden der Gemeinde und treffe auf viel Dankbarkeit. Mir macht es Spaß, neue Menschen kennenzulernen und es fällt mir leicht, mich auf neue Situationen einzustellen. Aber: Man kommt für ein halbes oder ein Jahr in eine Gemeinde, baut Beziehungen auf – und muss gerade dann wieder gehen, wenn der „Knoten geplatzt“ ist und man richtig starten könnte. Das ist nicht so einfach.

Dede: Was muss man als Diakon*in können und wollen, um so eine Stelle auszufüllen?

Bachhofer: Eine Voraussetzung für die Arbeit ist die Prädikantenausbildung, so dass man u.a. Konfirmationen selbstständig durchführen kann. Kommunikation und Flexibilität sind zwei wichtige Grundpfeiler der Aufgabe: Man arbeitet oftmals in mehreren Gemeinden gleichzeitig und muss mit vielen verschiedenen Menschen vernetzt sein und Informationen austauschen. Flexibilität bedeutet mit jeder Gemeinde: andere Konfi-Zeiten, Konfi-Modelle, Räumlichkeiten, Methoden, Traditionen, Schwerpunkte, kirchliche Mitarbeiter und andere oder keine Teamer, auf die ich mich einstellen muss. Das fordert mich heraus. In manchen Gemeinden kommt man aber auch in chaotische Verhältnisse…
Meine Stelle ist nur eine 50 % Stelle. Flexibilität bedeutet für mich, bereit zu sein, immer wieder auch deutlich mehr als eine halbe Stelle arbeiten zu müssen, z.B. wenn der Krankenstand sehr hoch ist. Ich halte mir die Ferienzeiten für die Ausgleichsstunden möglichst frei. Zudem muss man auf geregelte Arbeitszeiten verzichten. Jede Woche sieht anders aus und jederzeit kann ein Anruf aus der Superintendentur kommen, demnächst in einer Gemeinde einzuspringen.

Dede: Denken Sie, dass dieses Modell auch anderen Kirchenkreisen empfohlen werden kann?

Bachhofer: Auf jeden Fall! Ein Springer ist eine große Entlastung für die Kolleg*innen und kann Vieles auffangen.

Dede: Welche Bedingungen muss ein Arbeitgeber schaffen und was muss man von Kolleg*innen erwarten, dass es sich gut in Springerstellen arbeiten lässt?

Bachhofer: Meiner Erfahrung nach sollte diese Stelle einen vollen Stellenumfang umfassen, da es beinahe unmöglich ist, eine halbe Springerstelle mit einer weiteren halben Stelle zu kombinieren. Die Stelle sollte unbefristet sein und man muss technisch als auch materiell so ausgestattet werden, dass man unabhängig von den (teilweise spärlich) ausgestatteten Gemeinden schnell in die Arbeit einsteigen kann. Ein eigenes Büro sowie Erstattung des Kilometergeldes für die Fahrten in die Gemeinden gehören ebenfalls dazu. Eingebunden bin ich sowohl im Kirchenkreiskonvent als auch im Kollegenkreis des Ev. Kreisjugenddienstes.

Dede: Liebe Frau Bachhofer, ich danke Ihnen für das Gespräch.

Sonja Bachhofer ist im Kirchenkreis Grafschaft Diepholz aufgewachsen und macht seit ihrer Konfirmandenzeit Kinder- und Jugendarbeit. Sie hat ihre Ausbildung 1996 im Theologischen Seminar des Diakonissenmutterhauses Aidlingen abgeschlossen und arbeitete in Baden-Württemberg als Jugendreferentin, bevor sie 2002 mit ihrer Familie für neun Jahre nach Thailand ging.
Von 2012 bis 2016 arbeitete sie in der Kirchengemeinde Drochtersen im Kirchenkreis Stade, machte nebenbei ihre Aufbauausbildung und wurde 2014 als Diakonin eingesegnet. 2016 kehrte sie mit ihrer Familie zurück in den Heimatkirchenkreis, dort lebt sie mit ihrer Familie in Kirchdorf.