Leitung der Bahnhofsmission Göttingen

Nachricht 10. Februar 2020

Diakon Andreas Overdick

Dede: Sie haben als Diakon schon mehrere berufliche Stationen durchlaufen. Jetzt leiten Sie die Bahnhofsmission in Göttingen. Wie hat sich Ihr Berufsweg bis dahin entwickelt?

Overdick: Angefangen habe ich vor mehr als 30 Jahren als Gemeindediakon in Melle für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in einem „eigenen“ kirchlichen Jugendzentrum. Danach zog es mich nach Göttingen: zuerst als „ganzer“ Kirchenkreisjugendwart; ab 2003 dann noch mit einer halben Stelle im Kirchenkreisjugenddienst. Mit der anderen halben Stelle habe ich mich um diverse kirchliche Webseiten gekümmert. Diese Stelle wurde dann zeitlich und inhaltlich auf eine ganze Stelle als Referent für Öffentlichkeitsarbeit ausgeweitet. 2010 wurde diese Stelle dann wieder halbiert. Ich habe mich nach dem qualitativ hochwertigen Konzept der Landeskirche Hannovers zum Freiwilligenmanager ausbilden lassen und arbeite in diesem spannenden Tätigkeitsfeld noch heute. Vor zwei Jahren habe ich die Öffentlichkeitsarbeit ganz aufgegeben und leite seitdem die Bahnhofsmission Göttingen.

Dede: Was hat Sie als Diakon bewogen, diese Aufgabe zu übernehmen?

Overdick: Gereizt hat mich die Leitungsfunktion, verbunden mit dem Engagement von Freiwilligen und natürlich die Chance, in der ältesten ökumenischen Einrichtung Deutschlands zu arbeiten.

Dede: Was gehört in der Leitung der Bahnhofsmission zu den wichtigsten Tätigkeiten?

Overdick: Die Vertretung der Anliegen der Einrichtung und der freiwillig Engagierten nach innen (Diakonie, Caritas, evangelische und katholische Kirche) und außen (Öffentlichkeit). Dazu kommen verwaltungstechnische Dinge, wie Dienst-, Material- und Finanzplanung und die Planung von Veranstaltungen. Eine weiterer wichtiger Tätigkeitbereich sind die Freiwilligen selbst, deren Aus- und Fortbildung, Einzelgespräche und Teamsitzungen mit ihnen, Gespräche mit potenziellen Mitarbeitenden und ihre Begrüßung, Einführung, Verabschiedung…

Dede: Welche Kompetenzen benötigt man für diese Aufgaben und wie haben Sie die erworben?

Overdick: Wichtigste Kompetenz ist ein eindeutiger Leitungsstil, den man immer wieder selbst überprüft bzw. überprüfen lässt. Obwohl schon mehr als 30 Jahre her, gibt es auch noch die vermittelten Kompetenzen, Inhalte und Einstellungen von Dozierenden, Mitstudierenden und Wegbegleitenden der „Fachhochschule“. Auch unterstützt mich die Qualifikation als Freiwilligenmanager bei der alltäglichen Arbeit mit freiwillig Engagierten. Hinzu kommen Erfahrungen des (Berufs-)Lebens und des kollegialen Austausches, die auch einen Teil meiner Kompetenz ausmachen.

Dede: Das sind viele Zuständigkeiten und viel Verantwortung. Welchen Gewinn hat Ihr Anstellungsträger, haben die Mitarbeiter*innen und die Zielgruppen davon, dass Sie Diakon sind?  

Overdick: Das können eigentlich ja nur die beantworten, mit denen ich arbeite und Kirche gestalte. Dass ich Diakon bin, wird durch mein religionspädagogisches Profil, meine christliche Grundhaltung und durch meine gruppenpädagogische Kompetenz deutlich. Grundsätzlich finde ich, dass die Bandbreite, die Diakoninnen und Diakone durch Ausbildung und Berufserfahrung erworben haben, Kirche bereichert und von keiner anderen Berufsgruppe so eingebracht werden kann.

Dede: Welche persönliche und berufliche Haltung benötigt man für diese Aufgabe? Was ist Ihr besonderes Profil?

Overdick: Mein Profil wird deutlich, wenn man sich mein „Diakonenleben“ ansieht: Für die unterschiedlichsten Aufgaben gewappnet zu sein und sich durch zusätzliche Qualifikation auf bevorstehende Aufgaben vorzubereiten, macht einen Teil meines Profils aus. Ein weiterer wichtiger Teil ist das Einbringen meiner theologischen und pädagogischen Kompetenz. Gerade seitdem ich in der Bahnhofsmission arbeite, merke ich, dass der soziale Dienst am Bahnhof erst durch das Erzählen von meiner christlichen Motivation, durch das Wahrnehmen der Geschichte der Bahnhofsmission und durch meine christliche Grundhaltung zum kirchlichen Aufgabenfeld wird.

Dede: Stichwort Vernetzung: Als Leitung der Bahnhofsmission sind Sie vermutlich in ein Netzwerk eingebunden. Welche Netze sind das? Gibt es auch eine Vernetzung zu Kirchengemeinden?

Overdick: Vernetzung ist für eine „Akut-Einrichtung“ wie die Bahnhofsmission lebenswichtig. Wir können nur akut den Hunger und den Durst stillen, eine zerrissene Hose ersetzen, ein Pflaster für die Wunde oder die Seele bieten. Danach kommen unsere Netzwerkpartnerinnen und -partner ins Spiel: Mittagstisch, Tafel, Drogenberatung, Kirchenkreissozialarbeit, Straßensozialarbeit… Diakonie und Caritas sind unsere Mitstreiter, auf die wir gern zurückgreifen. Hinzu kommt aber auch das Netzwerk Deutsche Bahn, das in Göttingen vor Ort greifbar wird: Hand in Hand arbeiten wir mit den Geschäften im Bahnhof, mit der DB-Sicherheit, der DB-Information, der DB-Netze, der Bundespolizei…

Dede: Fehlt Ihnen etwas?

Overdick: Ich war ja lange Jahre im rein kirchlichen Dienst und bin jetzt seit zwei Jahren in der Diakonie tätig. Darum möchte ich das Defizit als Wunsch formulieren: Ich wünsche mir, dass allerorten die Kirche ihre Diakonie wieder mehr wahr und in ihre Mitte nimmt. Nur so kann für Menschen deutlich werden, dass Wort und Tat untrennbar im Christentum zusammengehören.

Dede: Haben Sie ein Motto für Ihre Arbeit/Ihr Berufsleben?

Overdick: Helfen lässt sich sehr gut christlich, aber nur ganz schlecht evangelisch oder katholisch begründen!

Dede:  Wie kann man mehr von Ihrer Arbeit erfahren und wie kann man ggf. Kontakt mit Ihnen aufnehmen?

Overdick: In jeder Bahnhofsmission (in Deutschland gibt es mehr als 100 davon) kann man die Grundzüge des sozialen Dienstes am Bahnhof erfahren. Und das am besten, wenn man mal mitarbeitet. Und wenn es um mich oder/und um die Kombination Bahnhofsmission / Freiwilligenmanagement geht: Andreas Overdick, Bahnhofsplatz 1, Bahnsteig zu den Gleisen 4 und 5, 37073 Göttingen, E-Mail: andreas.overdick@web.de, Tel.: 0551 56190

Dede: Herzlichen Dank für das Gespräch.

Biographisches: Andreas Overdick ist 56 Jahre alt und verheiratet mit einer Physiotherapeutin. Mit ihr, Julius (13) und Raphael (10) lebt er seit 28 Jahren in Göttingen. Er hat an der Fachhochschule Hannover Religionspädagogik studiert und 1988 dort sein Diplom gemacht. 1989 ist er als Diakon eingesegnet worden.