Church out of the box

Nachricht 07. Mai 2019

Im Gespräch mit Stefan Krüger - Diakon im Kirchenkreis Neustadt-Wunstorf

Spirituelle Jugendarbeit „Church Out of the Box“

„Church Out of the Box“ ist der Titel des Projektes, das Diakon Stefan Krüger leitet. Alte Wege verlassen und auf junge Menschen zugehen, Angebote für eine spirituelle Jugendarbeit mit den Jugendlichen selbst zu entwickeln, den christlichen Glauben ins Spiel bringen, die Botschaft „frisch serviert“ in neuen Räumen, das ist sein Anliegen. (Stichworte: Jugendarbeit, Spiritualität, Kirche², FreshX)

Dede: Sie sind Diakon im Kirchenkreis Neustadt Wunstorf und dort für spirituelle Jugendarbeit eingesetzt. Das Projekt hat den Titel „Church Out of the Box“. Was muss man sich darunter vorstellen?

Krüger: „out oft he box“ ist ein Begriff für kreatives und ungewöhnliches Denken, das Verlassen von Begrenzungen im Denken, das verstehe ich auch räumlich. Es geht in meiner Arbeit darum alte Wege zu verlassen und neue zu finden auf die Menschen zu, die immer mehr den Weg aus der Kirche finden, aber selten hinein. Bevor es zu neuen Formen von Gottesdiensten kommt, muss ich zuerst mal fragen, welche Form das denn sein könnte, muss ich offen sein für Themen, die die Jugendlichen interessieren, in meinem Fall sind die Jugendlichen von 14-25 Jahren die Zielgruppe.

Dede: Warum dieses Projekt ausgerechnet in Wunstorf? Was ist bei Ihnen anders als anderswo?

Krüger: In Wunstorf gibt es innerhalb des Kirchengemeinde-Verbandes eine sehr gut funktionierende offene Jugendarbeit mit dem Projekt „Kurze Wege“, und eine sehr gute Pfadfinderarbeit. Es gibt aber keine Tradition in den Stadt-Kirchengemeinden für eine Ev. Jugend im herkömmlichen Sinne, mit Teamern die Angebote für Kinder und Jugendliche machen und als Zentrum einen eigenen Jugendgottesdienst hat. Das Projekt „Spirituelle Jugendarbeit“ will dieses Angebot neu aufbauen und die Lücke durch eine stärker inhaltlich geprägten, einer im positiven Sinne missionarischen Jugendarbeit füllen. Die Jugendlichen, die diese Prägung wünschen, wenden sich in Wunstorf den Freikirchen zu oder warten noch auf dieses Angebot von der Ev. Jugend.

Dede: Was bewegt, was suchen Jugendliche heute und wie kann Kirche an diese Anliegen/Themen anknüpfen?  

Krüger: Das ist schwer zu beantworten, zu differenziert ist die Zielgruppe. Ich denke aber, es gibt sie noch, die Suchenden, die sozial Engagierten, die vielleicht jetzt gerade entdecken, dass es sich lohnt sich einzusetzen, z. B. im Umweltschutz oder für Benachteiligte Sie suchen Begleitung und Stärkung, vermuten, das aber nicht mehr bei einer kirchlichen Jugendarbeit zu finden. Also muss es darum gehen, eindeutiger zu sein, mehr Stellung für die Belange Jugendlicher zu beziehen. Und das Ganze mit einem klaren Hinweis auf den Glauben an Jesus Christus, der mich ansieht und Orientierung und Kraft gibt. Diese Botschaft muss aber „frisch serviert werden“, in tollen Räumen, die nicht Mehrzweck gebunden sind, sondern jugendlichem Bedarf entsprechen; mit einer jugendgerechten Spiritualität, die Elemente aus der klösterlichen Meditationspraxis enthält und eine verständliche Sprache spricht.

Dede:  Wie reagieren junge Menschen auf Ihr Angebot?

Krüger: Sehr verhalten. Es scheint so, als ob die Distanz zur Kirche schon sehr groß ist. Deshalb geht es darum, wieder „ins Spiel zu kommen“, das Angebot bekannter zu machen, es als relevant für mein Leben erlebbar zu machen. Diejenigen die teilnehmen sind begeistert: „Seitdem du da bist, ist in der Kirche mal was los - voll gut“ war eine Reaktion nach der Church-Night zum Reformationstag.

Dede: Was unterscheidet Ihre Arbeit von der „ganz normalen“ (wenn es so etwas überhaupt gibt) Jugendarbeit? 

Krüger: Ich kann nicht erwarten, dass automatisch jemand an Angeboten teilnimmt, weil es unbekannt ist und bestenfalls neutral betrachtet wird. Die Arbeit ist immer aufsuchend und dennoch auch klassisch. Ich betreibe ein Jugendcafé: Wipp-Lounge, ich biete Freizeiten an und arbeite in der Konfirmand*innen-Arbeit mit. Ich biete AG`s in den Schulen an und darf Projekte anbieten. Dabei kommt dann z. B. ein Einsatz mit dem Bauwagen „Baustille“ der Ev. IGS heraus, der eine Woche im Freibad Bokeloh steht und Angebote für Kinder beinhaltet; oder das Projekt „Aufkreuzen“ bei dem ich auf den Plätzen der Stadt ansprechbar bin.

Dede: Ganz ohne Kooperationen und Vernetzung geht es nicht. Wie finden Sie Kooperationspartner*innen?

Krüger: Ich denke es ist wichtig in den Schulen präsent zu sein. Kontakte zu den Fachkonferenzen Religion und zu einzelnen Lehrkräften selbst aufzunehmen ist notwendig. Bei den Sportvereinen nachfragen, wo es Möglichkeiten der Kooperation gibt. Ich habe eine Übungsleiter-Lizenz, das kann hilfreich sein, ist aber keine Garantie J. In Wunstorf gibt es eine tolle Zusammenarbeit der Vereine und der Jugendpflege der Stadt. Ich biete in den Ferien Aktionen im „Ferienpass“ der Stadt Wunstorf an. Außerdem gibt es eine „ökumenische Plattform“ der Kath. Gemeinde und der Freikirchen mit den Ev.-luth. Kirchengemeinden, daraus entstand die „Lange Nacht der Kirchen“ und zwei Taizé-Fahrten.

Dede: Was waren gute Erfahrungen in Ihrer Tätigkeit?

Krüger: Eben diese, da wo Kooperationen entstanden. Die Sonne geht aber auch auf, bei den VIP-Jugendgottesdiensten einmal im Monat mit einem tollen Team. Die Bereitschaft des Kirchenkreises und des Regionsverbandes, das Neue zu zulassen, finde ich sehr positiv. Dazu gehört auch das Ausprobieren einer neuen Form des Konfirmand*innenunterrichts. Gemeinsam mit anderen Kirchengemeinden gestalten wir ein Konfirmanden-Ferien-Seminar, wir wollen dazu Teamer*innen ausbilden und sie langfristig für freie Formen der Freizeit-Arbeit als Teilnehmende oder Teamer*in gewinnen.

Dede: Nun die letzte Frage: Wo kann man mehr erfahren und wie kann man Kontakt mit Ihnen aufnehmen?

Krüger: Auf Instagram und Facebook: Wipp-Lounge Wunstorf, auf www.kirche-neustadt-wunstorf.de und natürlich persönlich s.krueger@evlka.de

Dede: Herzlichen Dank für das Gespräch.

Stefan Krüger ist seit November 2016 Diakon im Kirchenkreis Neustadt-Wunstorf und dort für fünf Jahre auch über den Fonds missionarische Chancen angestellt, für die Region Wunstorf und Bokeloh. Er hat an der Ev. FH Hannover studiert und sein Diplom im Jahr 1993 absolviert. Er wurde 1995 als Diakon eingesegnet. Vorher war er in Ostfriesland in Holtland und Aurich-Oldendorf und dann in Osterholz-Scharmbeck tätig.